Praxis Symphonie

Selenmangel in Deutschland? Was Behörden wirklich sagen

Die Wahrheit über Selen: Was deutsche Behörden wirklich sagen (und Influencer verschweigen)

Eine evidenzbasierte Analyse auf Grundlage der offiziellen Stellungnahme des Bundesamts für Verbraucherschutz und des Bundesinstituts für Arzneimittel


Die Selen-Hysterie: Warum dieses Thema jetzt wichtig ist

Scrollst du auch durch Instagram und siehst ständig Wellness-Influencer, die dir erzählen, dass „jeder Deutsche einen Selenmangel hat“ und du unbedingt hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel brauchst? Dass ohne Selen-Supplementierung deine Schilddrüse kollabiert, dein Immunsystem versagt und du praktisch dem Untergang geweiht bist?

Ich habe die Nase voll von diesem aus dem Kontext gerissenen Halbwissen. Deshalb habe ich mir die offizielle 30-seitige Stellungnahme der Gemeinsamen Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen (eine Kooperation von Bundesamt für Verbraucherschutz und Bundesinstitut für Arzneimittel) durchgelesen, damit du die Fakten bekommst, nicht die Marketing-Märchen.


Was ist Selen überhaupt?

Selen ist ein essentielles Spurenelement, das in unserem Körper wichtige Funktionen erfüllt. Es ist Bestandteil von 25 verschiedenen Selenoproteinen, die fast alle antioxidative Eigenschaften haben. Die wichtigsten:

  • Glutathionperoxidasen: Schützen Zellen vor oxidativem Stress
  • Deiodasen: Wandeln Schilddrüsenhormone um (T4 zu T3)
  • Selenoprotein P: Transportiert und speichert Selen im Körper
  • Thioreduktasen: Schützen Proteine vor Oxidation

Soweit die Theorie. Aber brauchen wir deshalb teure Nahrungsergänzungsmittel?


Die deutsche Versorgungslage: Die nüchternen Fakten

Was die Daten zeigen

Laut der offiziellen Stellungnahme von 2021 liegt die durchschnittliche Selenzufuhr in Deutschland bei:

  • Erwachsene: ca. 30-50 µg/Tag
  • Median in Europa: 32-48 µg/Tag (Frauen), 36-61 µg/Tag (Männer)
  • 5. Perzentil (niedrigste Zufuhr): 14-27 µg/Tag (Frauen), 18-32 µg/Tag (Männer)
  • 95. Perzentil (höchste Zufuhr): 62-89 µg/Tag (Frauen), 79-113 µg/Tag (Männer)

Die Empfehlungen zum Vergleich

  • D-A-CH-Referenzwerte: 60-70 µg/Tag
  • EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit): 70 µg/Tag
  • WHO/FAO Minimum: 25-34 µg/Tag

Was bedeutet das?

Kernaussage der Expertenkommission: Die Zufuhr liegt unter den Empfehlungen, aber deutlich über dem absoluten Mindestbedarf. Ein klinisch relevanter Selenmangel kommt in Deutschland – abgesehen von bestimmten Krankheiten – nur selten vor.


Der Mythos vom „deutschen Selenmangel“

Influencer erzählen dir gerne, dass „deutsche Böden selenarm sind“ und deshalb jeder supplementieren muss. Was sie verschweigen:

Warum Deutschland keine Selenmangel-Zone ist

  1. Tierische Lebensmittel gleichen aus: In der EU ist die Zufütterung von selenreichen Mineralstoffmischungen an Nutztiere weitverbreitet. Fleisch, Milchprodukte und Eier haben dadurch stabile Selengehalte, unabhängig vom Bodengehalt.
  2. Internationale Lebensmittelkette: Die meisten essen nicht nur regional. Fisch aus Norwegen, Nüsse aus Südamerika, Getreide aus verschiedenen Ländern, unsere Ernährung ist global diversifiziert.
  3. Echter Mangel ist selten: Die Expertenkommission stellt klar: „In Europa liegt in der Regel kein klinisch relevanter Selenmangel vor.“

Wer hat wirklich ein Risiko?

Ein echter Selenmangel tritt hauptsächlich auf bei:

  • Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
  • Mukoviszidose
  • Niereninsuffizienz und chronischer Dialyse
  • Vollständig parenteraler Ernährung (Ernährung über Infusion)
  • Extremer Fehl- oder Mangelernährung

Bist du nicht in einer dieser Gruppen? Dann hast du höchstwahrscheinlich keinen Selenmangel.


Selen in Lebensmitteln: Du isst mehr, als du denkst

Hier wird es interessant. Die Behörden listen auf, wie viel Selen in normalen Lebensmitteln steckt:

Selengehalte pro 100g

Sehr selenreich:

  • Paranüsse: 103 µg (manchmal bis zu 1900 µg!)
  • Kokosnuss: 810 µg
  • Thunfisch: 82 µg
  • Hering (Atlantik): 43 µg
  • Kalbsleber: 22 µg

Gute Quellen:

  • Eier: 10 µg
  • Rindfleisch: 5,4 µg
  • Steinpilze: 187 µg
  • Sojabohnen (getrocknet): 19 µg

Moderate Quellen:

  • Vollkornweizen: 2,1 µg
  • Naturreis: 10 µg
  • Kartoffeln: 1,5 µg

Das Problem mit der Rechnung

Stell dir vor, du isst:

  • 150g Thunfisch (123 µg Selen)
  • 2 Eier (20 µg Selen)
  • Eine Handvoll Vollkornprodukte (5-10 µg Selen)

Das sind schon über 150 µg Selen, allein durch normale Ernährung.

Oder noch krasser: 100g Kokosnuss enthalten 810 µg Selen. Mit etwas Fisch und Eiern dazu kommst du locker auf 900-1000 µg/Tag.

Warum ist das relevant? Weil ab 900-1000 µg/Tag toxische Symptome auftreten können.


Die Toxizität: Wo Selen gefährlich wird

Jetzt kommt der Teil, den Influencer gerne ignorieren. Selen ist kein harmloser Mineralstoff. Die Spanne zwischen „zu wenig“ und „zu viel“ ist erschreckend schmal.

Die Grenzwerte

  • UL (Tolerable Upper Intake Level): 300 µg/Tag (EFSA, 2000)
    • Update 2023: Auf 255 µg/Tag reduziert
  • Toxische Effekte ab: ca. 400 µg/Tag bei chronischer Aufnahme
  • Akute Vergiftung ab: ca. 1000 µg/Tag
  • NOAEL (No Observed Adverse Effect Level): 850 µg/Tag

Symptome einer Selenose (Selenvergiftung)

  • Haarausfall
  • Brüchige Nägel
  • Knoblauchgeruch im Atem
  • Übelkeit und Durchfall
  • Hautveränderungen und Hautläsionen
  • Neurologische Störungen

Die kritische Erkenntnis

Die EFSA weist darauf hin, dass neuere Daten zeigen: Die sichere Aufnahmemenge könnte niedriger liegen als bisher angenommen.

Das heißt: Der Sicherheitsabstand zwischen „ausreichend versorgt“ und „zu viel“ wird kleiner, nicht größer.


Nahrungsergänzungsmittel: Was sagen die Behörden?

Die Expertenkommission hat den Markt analysiert und klare Aussagen getroffen.

Die offizielle Empfehlung

Bis 50 µg Selen/Tag:

  • Ernährungsspezifische bzw. physiologische Wirkung
  • Ausreichend zur Aufrechterhaltung einer adäquaten Selenversorgung
  • Selbst bei sehr geringer Zufuhr über die Nahrung (5. Perzentil) werden die D-A-CH-Empfehlungen erreicht

Über 50 µg Selen/Tag:

„Für Nahrungsergänzungsmittel in Dosierungen oberhalb von 50 µg Selen/Tag ist ein über den Ausgleich hinausgehender ernährungsspezifischer Nutzen aus wissenschaftlicher Sicht allerdings nicht erkennbar.“

Lass das sacken: Die Behörden sagen klar: Über 50 µg/Tag bringt keinen zusätzlichen Nutzen.

Höchstmengenvorschläge in der EU

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt:

  • 45 µg/Tag für Nahrungsergänzungsmittel

Andere EU-Länder haben folgende Limits:

  • Schweiz: 165 µg
  • Frankreich: 150 µg
  • Dänemark: 160 µg
  • Belgien: 105 µg
  • Italien: 100 µg

Was auf dem Markt ist

Die Realität sieht anders aus. Die Behörden analysierten 275 angezeigte Nahrungsergänzungsmittel:

  • Spanne: 0,3 bis 260 µg/Tag
  • Viele Produkte liegen im Bereich von 100-200 µg/Tag

Das ist deutlich über den wissenschaftlich begründbaren Mengen.


Die Gefahr der Überdosierung: Real, nicht theoretisch

Hier wird es praktisch. Die Expertenkommission warnt explizit:

Szenario 1: Nahrungsergänzungsmittel + normale Ernährung

Du nimmst ein NEM mit 100 µg Selen/Tag und isst:

  • Mittags Thunfischsalat (150g = 123 µg)
  • Abends 2 Eier (20 µg)
  • Vollkornbrot (5 µg)

Gesamtaufnahme: ca. 248 µg/Tag

Du bist sehr nah am UL von 255 µg (aktuelle EFSA-Empfehlung) bzw. überschreitest leicht die alte Empfehlung.

Szenario 2: NEM + Paranüsse

Du nimmst ein NEM mit 200 µg Selen/Tag und isst:

  • 3 Paranüsse als Snack (ca. 100-300 µg, je nach Herkunft)
  • Normale Mischkost (30-50 µg)

Gesamtaufnahme: 330-550 µg/Tag

Du bist jetzt im potenziell toxischen Bereich.

Warnung für Kinder

Die Expertenkommission warnt explizit:

„Bei Kindern unter 10 Jahren könnte bereits eine Supplementierung mit NEM, deren Selendosis auf die Nahrungsergänzung von Erwachsenen ausgerichtet ist, u. U. zu einer Überschreitung der von der EFSA für verschiedene Altersgruppen von Kindern bis zu 10 Jahren abgeleiteten UL-Werte führen.“

UL-Werte für Kinder:

  • 0-6 Monate: 45 µg/Tag
  • 7-12 Monate: 60 µg/Tag
  • 1-3 Jahre: 60 µg/Tag
  • 4-6 Jahre: 90 µg/Tag
  • 7-10 Jahre: 130 µg/Tag

Ein „Erwachsenen-NEM“ mit 100 µg kann bei einem 5-Jährigen den UL überschreiten.


Paranüsse: Der heimliche Risikofaktor

Hier ein spezieller Hinweis zu Paranüssen, weil sie in der Wellness-Szene als „natürliche Selenquelle“ gehyped werden:

Die Fakten

  • Selengehalt: 103 µg/100g im Durchschnitt
  • Schwankung: 100-1900 µg/100g (!)
  • Eine Nuss: ca. 5g = 5-95 µg Selen

Das Problem

Die Schwankung ist extrem. Du weißt nie genau, wie viel Selen in deinen Paranüssen steckt. Eine einzige Nuss kann bereits 50-200 µg enthalten.

Die Empfehlung

1-2 Paranüsse pro Tag sind sicher und ausreichend. Eine ganze Packung täglich? Das ist tatsächlich gefährlich.

Die Behörden warnen:

„Täglich eine ganze Packung zu essen wäre tatsächlich gefährlich.“


Was unterscheidet Arzneimittel von Nahrungsergänzungsmitteln?

Interessant ist die rechtliche Einordnung. In Deutschland gibt es 21 zugelassene selenhaltige Arzneimittel.

Arzneimittel mit Selen

  • Wirkstoff: Natriumselenit-Pentahydrat
  • Dosierung: 50-316 µg Selen/Tag
  • Anwendungsgebiet: Nachgewiesener Selenmangel, der ernährungsmäßig nicht behoben werden kann
  • Verschreibungspflicht: Ab 70 µg/Tag
  • Apothekenpflicht: Immer

Warum ist das relevant?

Die Behörden haben Selen ab 70 µg/Tag verschreibungspflichtig gemacht, weil:

  1. Bei unsachgemäßem Gebrauch gesundheitliche Risiken bestehen
  2. Die Behandlung ärztliche Überwachung erfordert
  3. Ein echter Mangel diagnostiziert werden muss

Und trotzdem werden frei verkäufliche NEM mit 100-200 µg/Tag angeboten.


Die Studien-Lage: Was die Wissenschaft sagt

Die EFSA hat mehrere Risikobewertungen zu Selenverbindungen durchgeführt. Die Kernaussagen:

L-Selenomethionin (2009)

  • Größere Bioverfügbarkeit als andere Selenverbindungen
  • Sicherheit bisher nur bis 250 µg Selenomethionin/Tag bestätigt (= 100 µg Selen)
  • EFSA regt eine Überarbeitung des UL an

Selenhefe (2008)

  • Keine Sicherheitsbedenken bei 50-200 µg/Tag
  • Aber: Nur wenn bestimmte Produktcharakteristika eingehalten werden
  • Nicht für alle Selenhefen automatisch gültig

Selenangereicherte Biomasse (2020)

  • Neuere Daten deuten darauf hin, dass die sichere Aufnahmemenge möglicherweise niedriger liegt
  • Eine Überprüfung des UL sollte durchgeführt werden

Was fehlt

Die EFSA stellt klar:

„Die Studienlage liefert keine Hinweise auf protektive Wirkungen bei einer Supplementierung mit Selen in Mengen von bzw. über 100 µg/Tag.“

Übersetzung: Mehr hilft nicht mehr.


Was du wirklich brauchst: Der praktische Teil

Jetzt kommen wir zur entscheidenden Frage: Was sollst du tun?

Schritt 1: Ist deine Ernährung ausreichend?

Iss du regelmäßig:

  • Fisch (1-2x/Woche)?
  • Eier?
  • Fleisch oder Milchprodukte?
  • Vollkornprodukte?

Dann bist du höchstwahrscheinlich ausreichend versorgt.

Bist du strikt vegan ohne gezielte Selenquellen? Dann könnte eine niedrigdosierte Ergänzung sinnvoll sein.

Schritt 2: Hast du Risikofaktoren?

  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankung?
  • Mukoviszidose?
  • Niereninsuffizienz?
  • Extrem einseitige Ernährung?

Dann lass deinen Selenstatus beim Arzt testen.

Schritt 3: Welche Biomarker sind relevant?

Wenn du wirklich wissen willst, wie dein Selenstatus ist:

  • Selenoprotein P (SEPP1) im Plasma: Bester Marker
  • Serum-Selen: Liegt bei Deutschen im Median bei 82-83 µg/l (Referenzbereich: 74-139 µg/l)
  • Glutathionperoxidase-Aktivität: Bei höherer Zufuhr weniger aussagekräftig

Schritt 4: Wenn du supplementieren willst

Maximal 45-50 µg/Tag, besser noch weniger.

Warum?

  • Wissenschaftlich begründbar
  • Sicher, auch mit normaler Ernährung
  • Entspricht den Behördenempfehlungen

Vermeide:

  • Hochdosierte Präparate (>100 µg)
  • Kombination mehrerer selenhaltiger Produkte
  • Unkontrollierter Konsum von Paranüssen + NEM

Die Influencer-Lügen: Was falsch läuft

Lass uns ehrlich sein. Warum erzählen dir Influencer diese Geschichten?

Marketing-Taktik 1: Angst schüren

„Jeder Deutsche hat Selenmangel“ klingt bedrohlich. Es erzeugt einen Handlungsdruck. Du fühlst dich unsicher und kaufst.

Die Realität: Kein flächendeckender klinischer Mangel in Deutschland.

Marketing-Taktik 2: Halbwahrheiten

„Deutsche Böden sind selenarm“ ist technisch korrekt. Was sie weglassen: Tierische Produkte gleichen das aus, unsere Nahrungskette ist international.

Marketing-Taktik 3: Überdosierung normalisieren

200 µg, 300 µg, manchmal sogar mehr, „viel hilft viel“ ist die Devise.

Die Realität: Über 50 µg/Tag ist wissenschaftlich nicht begründbar. Über 255 µg/Tag potenziell gefährlich.

Marketing-Taktik 4: Gesundheits-Claims ohne Kontext

„Selen unterstützt das Immunsystem“, stimmt. Aber das bedeutet nicht, dass mehr Selen = besseres Immunsystem.

Die zugelassenen Health Claims gelten bereits ab 8,25 µg in einer Portion. Nicht ab 200 µg.


Was andere Länder machen: International vergleichen

Interessant ist der Blick über den Tellerrand:

USA

  • UL: 400 µg/Tag (IOM, 2000)
  • Empfohlene Zufuhr: 55 µg/Tag
  • Höhere Bodengehalte, tendenziell höhere Zufuhr

China

  • Extreme Unterschiede: Selenmangelgebiete und Selenüberschussgebiete
  • In manchen Regionen bis zu 5000 µg/Tag (!)
  • Bekannt für Keshan-Krankheit (Selenmangel) und Selenose (Überschuss)

Skandinavien

  • Niedrige Bodengehalte (0,3-1 µg/100g in Weizen)
  • Trotzdem keine Mangelerkrankungen durch vielfältige Ernährung

Was das zeigt

Bodengehalt ist nicht gleichbedeutend mit Versorgungsstatus. Die Lebensmittelkette ist komplex.


Mein Fazit: Was du mitnehmen solltest

Nach 30 Seiten Behördendokument und intensiver Recherche ist meine Schlussfolgerung:

✅ Was stimmt

  • Selen ist essentiell
  • Deutsche Zufuhr liegt unter den Empfehlungen
  • Bei bestimmten Erkrankungen kann ein Mangel auftreten

❌ Was nicht stimmt

  • „Jeder Deutsche hat Selenmangel“ – Falsch
  • „Du brauchst hochdosierte Supplemente“ – Falsch
  • „Viel hilft viel“ – Gefährlich falsch

💡 Die Wahrheit

  1. Echte Mängel sind selten in Deutschland
  2. 50 µg/Tag Supplementierung ist die Obergrenze für sinnvolle Ergänzung
  3. Über 100 µg/Tag ist wissenschaftlich nicht begründbar
  4. Über 255 µg/Tag (UL) kann gefährlich werden
  5. Normale Ernährung mit Fisch, Eiern, Fleisch oder gezielten veganen Quellen reicht meist aus

Meine Handlungsempfehlung

Für 95% der Leser: Spar dir das Geld. Iss 1-2x pro Woche Fisch, ab und zu ein paar Eier, gelegentlich eine Paranuss. Fertig.

Für strikt Veganer ohne Selenquellen: Niedrigdosiertes NEM mit 25-50 µg/Tag kann sinnvoll sein. Aber bitte nicht mehr.

Für Risikopatienten: Lass deinen Status beim Arzt testen. Eine Selbstmedikation mit hochdosierten Präparaten ist riskant.

Für Eltern: Gebt euren Kindern keine Erwachsenen-Präparate. Die UL-Werte sind viel niedriger.


Quellen und weiterführende Informationen

Diese Analyse basiert auf:

  • Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen (BVL/BfArM): Stellungnahme zur Einstufung von selenhaltigen Produkten (Nr. 02/2021), 20. Dezember 2021
  • EFSA: Scientific Opinion on Dietary Reference Values for selenium (2014)
  • EFSA: Update zum Tolerable Upper Intake Level (Januar 2023): 255 µg/Tag
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): D-A-CH-Referenzwerte
  • Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Höchstmengenvorschläge für NEM (2021)

Alle Angaben sind wissenschaftlich belegt und stammen aus offiziellen Behördenquellen, keine Influencer-Märchen, keine Halbwahrheiten, keine Produktwerbung.

Die Selen-Hysterie ist ein perfektes Beispiel dafür, wie aus wissenschaftlichen Halbwahrheiten Marketing-Gold gesponnen wird. Ja, Selen ist wichtig. Ja, die Zufuhr könnte optimaler sein. Aber nein, du brauchst keine 200 µg-Bomben, die dich im schlimmsten Fall vergiften können.

Die deutschen Behörden haben ihre Hausaufgaben gemacht. 30 Seiten fundierte Analyse, hunderte Studien ausgewertet, klare Empfehlungen gegeben. Bis 50 µg sinnvoll. Darüber: unnötig.

Und trotzdem rennen Leute hochdosierten Präparaten hinterher, weil ein Influencer mit Sixpack und ohne medizinische Ausbildung ihnen erzählt hat, sie wären „unterversorgt“.

Hör auf die Wissenschaft. Nicht auf Instagram.


Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei gesundheitlichen Fragen oder Verdacht auf Selenmangel konsultiere bitte einen Arzt.

Die Informationen basieren auf der offiziellen Stellungnahme der Gemeinsamen Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen (BVL/BfArM) vom 20. Dezember 2021 sowie aktuellen EFSA-Bewertungen.

Wer es nachlesen mag: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Zulassung/ZulRelThemen/abgrenzung/Expertenkommission/stellungnahmen/2021-02.pdf?__blob=publicationFile

Datum

8. Dezember 2025

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